Kunst im Fluc
IN DER KUBATUR DES KABINETTS - der kunstsalon im Fluc zeigt:
SPACE, SITE, INTERVENTION - Es gibt immer ein Gegenüber
Mittwoch, 20. August 2014
mit Bernadette Anzengruber, Kirsten Borchert, Celia - Yunior, Daniel Djamo, Maria Mäser, Samuel Schaab. Liveact: Perlen für die Säue. Djane: Brigitte S. Droege (Electronic Music). Kuratiert von Ursula Maria Probst. Eine Kooperation mit Bundeskanzleramt und KulturKontakt Austria
SPACE, SITE, INTERVENTION - Es gibt immer ein Gegenüber
Die Frage wie
Öffentlichkeiten sich formieren, wie durch Kunst andere Öffentlichkeiten
produziert werden und an wen Kunstprojekte im öffentlichen Raum adressiert
sind, bildet den Ausgangspunkt der Konzeption des Ausstellungsprojektes „SPACE,
SITE, INTERVENTION. Es gibt immer ein Gegenüber“, das einen Dialog zwischen dem
Innen- und Außenraum des Veranstaltungs- und Projektraumes FLUC am Wiener
Praterstern spannt. In welchem Verhältnis stehen Kunstproduktion und
verschiedene Auffassungen davon, wie sich Gemeinschaften bilden? Art &
Culture in Action? Welche öffentlichen Räume und Orte, elastische Territorien,
Zonen, Raster, Argumentationen stehen dafür zur Verfügung?
In der derzeitigen Phase der Globalisierung bestimmt der drohende Demokratieverlust (bzw. der Verlust dessen was wir unter Demokratie verstehen) die Debatten über Öffentlichkeiten. Welchem Strukturwandel unterliegen Öffentlichkeiten aus der Sicht unterschiedlicher politischer, künstlerischer oder emphatischer Zugänge? Welche Handlungsszenarien zur sozialen und politischen Selbstbestimmung können durch Kunstprojekte in Gang gesetzt werden? Heute sprechen wir von Öffentlichkeiten im Plural, von einer Vielzahl von Mikroöffentlichkeiten, die nach den jeweiligen Partikular-interessen ausgerichtet sind.
Ästhetische Freiheit, Reflexe gegenüber Aufmerksamkeitsökonomien, Kunst als Wohltat, Relationen zwischen Zeitrahmen und Größenverhältnissen, die Hinterfragung des Mehrwert-Komplexes, Modelle für andere Erfahrungsstrukturen wirken in den installativ, räumlich und interventionistisch funktionierenden Arbeiten von „Space, Site, Intervention. Es gibt immer ein Gegenüber“ ineinander.
Der Stellenwert des Gegenübers beschränkt sich nicht auf jenen des Publikums, der Zuschauerin oder des Zuschauers, sondern stellt Bezüge zueinander her, lässt das Du und das Ich in einen Austausch treten. Das Projekt lädt zu einem Perspektivenwechsel ein, ohne dass das Gegenüber überzogenen Mitwirkungserwartungen ausgesetzt ist. Hinterfragt wird dabei unter anderem auch wie heute mit Narrationen von Held_Innen umgegangen wird. Imaginäre Kräfte, die Handlungsfelder durchdringen, fließen ein. Imaginationen als Bestandteile sozialer Interaktionen.
Der Begriff
Space im Titel stellt eine Beziehung zu „Spacing“, zur Prozesshaftigkeit in der
Herstellung von Räumen her. Spacing benennt und markiert laut der
Raumsoziologin Martina Low den komplexen Formierungsprozess von Räumen. Spacing
bezeichnet infolgedessen den Prozess des Positionierens in Relation zu anderen
Platzierungen. Räume werden „aufgespannt“. (Text: Ursula Maria Probst)
Die
nachfolgenden Texte wurden von den Künstler_Innen verfaßt bzw. zur Verfügung
gestellt:
Bernadette Anzengruber, holding out for a hero, 2010, Video, Performancedokumentation, 8 min 18 sec
Sängerin
Bonnie Tyler und Humpty Dumpty aus Lewis Carolls Buch Through the
Looking-Glass scheinen auf den ersten Blick wenig Gemeinsamkeiten
aufzuweisen. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch offensichtlich, dass ihnen
beiden von einem heldenhaften Retter zu Roß träumt, der sie aus einer über sie
hereingebrochenen misslichen Lage befreien solle. Während Humpty Dumpty
prinzessinenhaft damit prahlt, dass der König in einer potentiellen Notlage mit
all seinen Männern und Pferden zu Hilfe eilen werde, versucht Bonnie Tyler in
ihrem Musikclip holding out for a hero inbrünstig, ihren ritterlichen
Retter herbei zu beschwören, indem sie selbst die heroisch klischeehaften
Gesten aus- und aufführt, die eigentlich ihrem männlichen Gegenpart zugedacht
wären.
Mit
einer verqueren Collage aus Kostüm-, Gesten- und Textfragmenten verkehrt
Anzengruber in ihrer Performance die etablierte Narration über den Helden,
indem sie sich sowohl Tyler als auch Caroll widersinnig aneignet. Bereits
mit dem ersten Satz der Soundeinspielung wird klar, dass etwas hier aus den
Fugen geraten ist: Während die Worte "It's Humpty Dumpty, and he looks
exactly like a giant egg!" aus den Lautsprechern erschallen, erblickt das
Publikum die auf einer Mauer stehende Performerin, welche zwar ins Outfit des
legendären Eis geschlüpft ist, deren Figur allerdings keineswegs rundlich
anmutet. Es folgt zu Tylers Song eine reduzierte, aber an großen Gesten nicht
sparsame Choreografie im Playback, die auf halber Strecke mitsamt der bereits
von Beginn an leicht asynchronen Lippensynchronisation abbricht. Zeitgleich
erscheint auf der Mauer unter der Performerin eine Videoprojektion mit
Ausschnitten der japanischen Zeichentrickserie Alice in Wonderland
(Regie: Shigeo Koshi, Taku Sugiyama), in welchen der Herzkönig des Wunderlandes
mit seinem Gefolge in tragikkomischer Ernsthaftigkeit zur Rettung der
Performerin eilt. Diese hat jedoch währenddessen ihre Position längst verlassen
und ist eigenmächtig von der Mauer geklettert. Sie lässt den gescheiterten
Helden, dessen entsetztes Gesicht in einem Close-up einfriert, hinter sich
zurück. Dass der Traum vom Helden eben nur ein Traum gewesen sein muss, liegt
mittlerweile auf der Hand. Es stellt sich lediglich die Frage, ob es der Held
selbst war, der diesen Traum geträumt hat.
Die
Performance wurde am 20. Juni 2009 als Intervention zur Ausstellung Pawel
Althammer und Andere in der Secession Wien aufgeführt, wofür die von
Althammer ursprünglich als Tunnel errichtete Installation im Sinne einer
podestartigen Mauer zweckentfremdet benutzt wurde.
Kirsten Borchert, Ich seh dich nicht, du siehst mich nicht, 2014, Installation
<Willkommen liebe Besucherin und lieber Besucher, Sie betreten den heutigen Abend, durch eine Wand, die Sie zeigt, mal 3-fach, 4-fach, 5-fach, mal halbiert, oder fragmentiert. Sie sehen sich in einem besonderen Licht. Erinnern Sie sich an den Wunderkanal. Heute sind Sie ein/e andere/r, jemand ganz besonderer. Sehen sich selbst ganz neu, nur für eine Nacht. Tausendfach Sie selbst, millionenfach einzigartig.> Die Arbeit <Ich seh dich nicht, du siehst mich nicht> besteht aus mehreren spiegelnden Stellelementen, die im losen Rhythmus zueinander gestellt sind. Unter ihnen sind einige Farbige gemischt. Die Besucherin oder der Besucher betritt das Fluc durch diese Art Membran, und sieht sich tausendfach im Spiegel. Zum einen ist es ein ironischer Hinweis auf die Frage nach der oder dem Schönsten im Land, auf der anderen Seite kennzeichnet dies den Übertritt vom alltäglichen ins Nachtleben.
Celia – Yunior, Tin Anniversary, 2014, Außeninstallation
The
project looks like a street celebration for the 10 anniversary of eight
ex-soviet countries in EU (Slovenia, Estonia, Latvia, Lithuania, Poland, Czech
Republic, Hungary, Slovakia). It is a question about the operability of a
community. How long can a powerful community gaining territory constantly, be
democratic? Can the new members coming into a community bring new rules to it?
Are those, which are not part of the community doomed to failure?
Daniel Djamo, We want you, 2014, Außeninstallation
The
billboard puts into discussion the way Romania is perceived, as a country
filled with invaders of the Western Europe. Through my work I am trying to
advertise Romania’s economy and financial opportunities to Austrian people
looking for a job.
Maria Mäser, "it feels like...", 2014, Außeninstallation
Als zentrales Element der Installation, die im Rahmen der Veranstaltungsreihe in der Kubatur des Kabinetts gezeigt wird befindet sich der Satz "it feels like me but actually its u" bzw. "it feels like u but actually its me". An der Außenfassade können die 2 Aussagen die in einem Satz untergebracht und plakatiert sind betrachtet werden. Abhängig von der Perspektive des Betrachters ist entweder das “u” oder das “me” sichtbar. Das Subjekt/Objekt also das “u/me” ist im Gegensatz zum Rest des Plakats auf einem Dreieck angebracht, welches in den Raum steht und somit nur den Blick auf jeweils eines der Wörter zulässt. Die Arbeit spielt mit den sich diametral gegenüberliegenden Bedeutungen, im inhaltlichen so wie im räumlichen Sinn.Gleichzeitig spricht sie von einer gelebten Empathie, welche das eigene Empfinden erweitern kann. Der Moment, wenn die Grenze zwischen dem Gegenüber und einem Selbst verwischt.
Samuel Schaab, test/screen, 2010, Mehrkanal Video, Schwarz/Weiss, 2-4 Loops, 8.00 min
Test/Screen
zeigt eine Abfolge von minimalen einfachen Objekten in einer unscheinbaren
Raumecke. Auf mehreren Monitoren folgen diese skulpturalen Apparaturen ihren
Bewegungsmustern und bemühen sich, die interne Kommunikation aufrecht zu halten.
Das
Arrangement wirkt wie Modelle oder Attrappen unbekannter Vorbilder.
Die
Bewegung simuliert einen fortlaufenden Sende- und Empfangsprozess.
Abtasten,
Pulsieren, Rotieren, Spiegeln, Belichten und Abbilden und sind mögliche
Tätigkeitsfelder der Protagonisten dieser Serie. Die Aktivität einer Apparatur
erzeugt jeweils den Impuls für die darauf folgende.
Das Schalten von Licht
fungiert als Motor der Objekte.
Ein sich ewig fortsetzender Reigen der
unbedeutenden Bewegungen als Testfahrt für die Abbildung.
Das Modell oder die
Simulation des Bildschirms ist das bindende Glied in dieser Abfolge.
Daniel Djamo, We want you, 2014, Außeninstallation; rechts: Ahu Dural, Office Modul, 2013, Fotografie
Maria Mäser, it feels like..., 2014, Außeninstallation
Celia – Yunior, Tin Anniversary, 2014, Außeninstallation
Samuel Schaab, test/screen, 2010, Mehrkanal Video, Schwarz/Weiss, 2-4 Loops, 8.00 min, 2 Stills
Kirsten Borchert, Ich seh dich nicht, du siehst mich nicht, 2014, Installation