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wanneThe Angelcy /DJ Andreas Dauböck
Mittwoch, 9. JuliTel Aviv im November. Es ist sehr warm in der Stadt. Die einzige Wolke ist aus Watte und hängt drinnen über der Bühne des etablierten Barby-Club am südlichen Rand der City. Wie aus einem Traum wirkt sie. Wie aus dem Traum, den The Angelcy auf der Bühne gerade erleben. Zwischen der fantasievollen Staffage geben sie mit Trommeln, Kontrabass, Klarinette, Keyboard und Gitarre ihr bislang größtes Konzert. 600 Fans drängen sich vor ihnen. Junge Frauen in Tanktops und kurzen Röcken jubeln dort neben coolen mittzwanziger Hipstern - etwas weiter hinten an der Bar stehen die älteren -, Gruppen, Paare, Familien sogar. Die Stimmung ist ausgelassen, aber konzentriert. Das Publikum hört zu und lässt sich nicht nur unterhalten.
»Wir sind eine Naturkatastrophe« und »Wenn wir alle unser kleines Ego überwinden, dann können wir es schaffen«, das sind Zeilen aus The Angelcys Texten, die hier in Israel auch politisch zu verstehen sind. Bislang singen ihre Fans auf den Konzerten lauthals mit. Aber die Band rechne schon damit, dass aus dem Publikum Buh-Rufe kommen, aber sie kämen nicht, sagt Rotem Bar Or, Sänger und Texter der Band. Ein sanfter Typ mit Jeans und T-Shirt, der Mittelpunkt der sechsköpfigen Gruppe aus vier Männern und zwei Frauen, die ihren ebenfalls sehr sanften Sound mit viel Kontrabass und Percussion und ohne Schlagzeug spielen. Und damit sehr erfolgreich sind.
Selbst auf Galai Zahal, dem meistgehörten Radiosender Israels, laufen ihre Songs rauf und runter. Er wird - ironischerweise - von der Armee betrieben. In Israel muss jeder zur Truppe, wenn er jung ist. Alle Männer, alle Frauen. Ausnahmen gibt es nur für extrem religiöse Menschen, sonst kaum. In so einem Land nicht vom Krieg zu singen, sei da schlicht Realitätsverleugnung, sagt Rotem. Aber er ist sich auch des Konflikts bewusst, auf den er und die Band da zusteuern. »Es gibt Zeilen, die uns noch Ärger machen werden. Wir singen: Niemandes Soldaten im Niemandsland. In einem patriotischen Staat wie Israel wird das früher oder später Schwierigkeiten geben.«
(aus: Melodie und Rhythmus)


